Marc Kömmerling

Makler? Architekt, Markenentwickler, Illusionist.

Seine Leidenschaft ist der Entstehungsprozess eines Projektes und die damit verbundene Kreativität, Ideenproduktion, Gestaltung.

PV:
Herr Kömmerling, Sie werden ja auch schon mal als der Makler für Superreiche bezeichnet. Immobilien der Luxusklasse, die Sie wie Haute Couture verkaufen. Stören Sie solche Zuschreibungen oder erfreuen sie Sie?
MK:
Ich hatte schon immer im Gefühl, dass ich mal etwas ganz Neues machen wollte in diesem verstaubten Maklermarkt.
Ich hatte schon immer im Gefühl, dass ich mal etwas ganz Neues machen wollte in diesem verstaubten Maklermarkt. Alle wollten Projektentwicklungen verkaufen, hatten aber überhaupt keinen Spirit, jemals ein Gebäude in der Form anzubieten, wie es einem Käufer, der 8.000, 10.000 oder 11.000 Euro pro Quadratmeter bezahlen will, auch entspricht. Also machte ich den größten und besten Shop, der eher wie ein Juwelier- oder ein Modeladen aussah und mit Leuchtwänden und Objekten ausgestattet war und das brachte mir dann im Managermagazin einen ganz, ganz großen Artikel genau zu diesem Thema. Dann kam irgendwann die Welt am Sonntag und fand das auch alles ganz toll und die hat dann diese Überschrift gewählt, über die ich natürlich erst mal nicht glücklich war, weil Makler für Superreiche ist auch irgendwie abwertend. Doch dann habe ich mich als Marketingprofi gefragt, wie soll die Ansprache denn sonst sein? Wie soll ich denn so was lesen? Ich muss ja provozieren um wahrgenommen zu werden und im Artikel selbst geht’s ja dann auch sehr innovativ zur Sache. Deswegen es hat mich erst gestört, dann nicht mehr. Heute finde ich es super. Dieser Artikel liegt auch bei jedem Arbeitsgerichtsprozess beim Richter ganz oben.
PV:
Was sind Sie im Grunde, Architekt, Markenentwickler oder Illusionist
MK:
Mir fällt es leicht am Tisch Ideen zu entwickeln.
Ich bin Architekt von Beruf, bin aber Pionier der CAD-Branche. Ich habe erst Psychologie studiert, dann wusste ich nicht, was ich werden sollte, habe nach dem Vordiplom abgebrochen, habe Architektur studiert und bin durch einen Freund ganz früh an CAD gekommen, während meine Professoren damit gar nicht umgehen konnten. Ich habe dann mehrere Perspektiven, wenn eine gefordert war, aus dem Computer mitgebracht und bin ohne Bewertung nach Hause geschickt worden, musste diese Perspektiven ausdrucken, aneinander- kleben, dann mit dem Rapidographen nachzeichnen und dann bekam ich eine 1. Das war die Zeit, als mein Professor gesagt hat, ihr werdet alle in dunklen Räumen sitzen, auf grüne Monitore gucken und fantasielos dahindarben, weil ihr euch auf dieses Teufelszeug eingelassen habt. Deswegen würde ich sagen, bin ich auch Illusionist, weil ich dieses Computerthema zu meinem gemacht habe. Im Prinzip bin ich alles was Sie genannt haben.
PV:
Wo genau steckt Ihre Leidenschaft?
MK:
Meine Leidenschaft, das sage ich meiner Frau auch immer, ist der Entstehungsprozess und die damit verbundene Kreativität. Mir fällt es leicht am Tisch Ideen zu entwickeln. Dabei ist mir jedes Projekt recht, sei es eine Jacht, die umgebaut werden muss oder ein Haus oder eine Eingangshalle oder ein ganzes Konzept für ein Quartier, das mag ich gerne.
PV:
Außer Zaha Hadid, die ja leider verstorben ist, gibt es kaum eine Frau in der ersten Architektenliga. Woran liegt das? Sind Frauen weniger kreativ oder haben die keinen Unternehmergeist?
MK:
Ich glaube nicht dass Frauen weniger können als Männer, sondern es geht darum, wer macht sein Lebensmotto „Firma geht vor Familie“ eher zum Sinn seines Lebens. Ein Hindernis für Frauen ist eher das was sie erreichen wollen, Werte wie Heirat, Kinder, Familie. Aber das sind nur Vermutungen.
PV:
Was hat Sie geprägt? Ihre Herkunft, eine Begegnung, Vorbilder, ein früheres Ziel?
MK:
Eine süße Frage. Meine Mutter erzählt immer gerne, dass ich schon als Kind Visonen von ungewöhnlichen Berufen hatte. Zum Beispiel auf einer Bohrinsel arbeiten, weil man dort vier Monate knallhart arbeitet und dann drei Monate nichts macht. Diese Vorstellung ist genau das, was ich heute lebe und noch lange leben möchte.
PV:
Brauchen Sie Natur?
MK:
Natürlich, denn neben der Kreativität ich bin auch sehr bodenständig, also ich liefere auch ab.
PV:
Haben Sie eine Philosophie, von der Sie sich leiten lassen?
MK:
Nein, würde ich nicht sagen, außer „es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Das ist zwar platt, aber ohne machen kommt nichts raus.
PV:
Wollen Sie die Welt verändern oder einfach nur reich werden?
MK:
Also, ich glaube die Welt verändert, im Sinne von dem was ich tue, habe ich. Immobilienentwicklung und das Marketing dafür hatten vor 20 Jahren das Niveau von Heizdeckenverkauf im Bus nach Venlo. Man ist mit dem Schnellhefter losgegangen. Da haben wir schon viele, viele Impulse gegeben und Wesentliches verändert. Am reich werden hindert mich, dass ich in superschöne Büros investiere, dass ich vielleicht 40 % zu viele Mitarbeiter habe, dass ich nicht nicht ausprobieren würde morgen in Berlin das nächste 3D-Studio aufzumachen ohne wirklichen Mega-Masterplan dahinter zuhaben, sondern etwas sehe, erkenne und durchziehe. Ich bin ein Unternehmer, kein Unterlasser.
PV:
Was war ihr großer Wurf?
MK:
Ich bin ein Unternehmer, kein Unterlasser.
Mein großer Wurf war tatsächlich, es sind aus meiner Sicht zwei Dinge, dass ich mich als Pionier der CAD-Branche sehr früh entschieden habe, diese Software auch zu verkaufen und durch einige glückliche Verbindungen zum Branchenprimus wurde. Dabei hat mir geholfen, dass ich nicht eitel war. Ich musste keinen schwarzen Rolli tragen oder mit meinem Diplom wedeln um zu beweisen, dass ich Ahnung von Architektur hatte. Ich habe dann das Verkaufsgebiet NRW übernommen und meine ganzen Kommilitonen, die alle mit dem schwarzen Rollkragenpullover dastanden haben natürlich gesagt, jetzt bist du kein Architekt mehr, sondern Vertreter. Aber – das war mein zweiter großer Wurf, ich bin ein Top-Verkäufer. Ich mache das sehr gerne und leidenschaftlich und dadurch, dass ich viele Demos auf Messen gemacht habe, kamen plötzlich alle Architekten und haben sich angeschaut wie das Programm funktioniert und mit offenem Mund gekauft. Und plötzlich war ich CAD-Spezialist. Das wiederum führte dazu, dass ich ziemlich schnell auch an der Hochschule, vor 1.000 Leuten, locker einen Vortrag dazu halten konnte.
PV:
Wie lautet die wichtigste Lektion, die Sie im Leben gelernt haben?
MK:
Ich habe mich vor zwei Jahren von meinen Mitgesellschaftern getrennt, habe die rausgekauft, zum Teil in der Überzeugung, dass zwei, ich nenne die jetzt mal Mitläufer, jahrelang an meinem Euter gesaugt haben. Heute würde ich sagen, es muss auch Leute geben, die viel weniger können, aber trotzdem wichtig sind, weil sie den König weiter vorne auf dem Schild tragen.
PV:
Arbeiten Sie rund um die Uhr?
MK:
Für mich ist es grundsätzlich so, man kann nie mehr schaffen als an einem Wochenende mit dem Projektteam. Dann ist das Wochenende eigentlich ein Traumzustand für die Arbeit.
PV:
Wenn man das macht, was man gerne macht, empfindet man das auch nicht als Arbeit, dann ist es einfach ein Teil seines Lebens.
MK:
Das ist grundsätzlich so. Darunter leidet vielleicht meine Familie auch.
PV:
Haben Sie einen Rat für junge Leute, die nicht wissen, ob sie bei der Entscheidung für einen Beruf vernünftig sein sollen oder lieber der Lust folgen sollen?
MK:
​Gerade in der heutigen Zeit würde ich sagen: seht zu dass ihr das Abitur schafft und dann lasst euch treiben. Was soll denn vernünftig sein, Arzt werden, auf dem Land? Oder Jurist? Natürlich kann man darüber streiten, aber ich glaube, das ist der langweiligste Beruf der Welt. Meine Freunde sind alle Ärzte geworden, die haben im Moment vielleicht eine bessere Lebenszeit, aber ich möchte nicht 70 Leute am Tag sehen, von denen ich schon um 11:00 Uhr nicht mehr weiß, wer um 8:00 Uhr bei mir war. Also ich würde sagen, um das noch schnell zu beantworten: lasst euch Zeit und seht euch um, haltet die Augen offen.
PV:
Haben Sie eine gute Intuition?
MK:
Würde ich sagen. Intuition, Fleiß, Glaube an die Sache und dann der Wille es auch zu machen.
PV:
​​​Was ist Gift für Sie und Ihre Arbeit?
MK:
Eigentlich hindert mich nichts. Was ich schlimm finde und was Gift für einen Markt ist, der sich aufmacht anders zu sein, innovativ und kreativ, sind die nachziehenden Pragmatiker, die, wenn das Geschäft läuft, eines Tages sagen, Innovation und Kreativität brauchen wir nicht mehr, ein Schild am Gebäude reicht, auf dem steht, zu vermieten. Das ist für mich Gift.
PV:
Ist das ein deutsches Phänomen?
MK:
Das ist ein deutsches Phänomen.
PV:
Einfallslosigkeit?
MK:
Gerne einfallslos und das ist meine Beobachtung, die Zeit der großen Projektentwickler, die noch mit Herzblut bei der Sache waren, ist vorbei.
PV:
Sind Sie stolz auf das, was Sie erschaffen haben?
MK:
Ja, ich habe schon eine gute Zeit gehabt, konnte sehr früh selbstbestimmt leben, selbstbestimmt agieren und auftreten.
PV:
​​​Werden Sie generell überschätzt oder unterschätzt?
MK:
Ich werde unterschätzt. Das ist auch meine Attitude. Ich habe immer sehr viel in der Hinterhand und ich habe grundsätzlich keine Angst, meine Ideen sofort am Tisch rauszuposaunen, weil sie doch von der anderen Seite erst noch gemacht werden müssen.
PV:
Hatten Sie mal eine wilde Zeit und was haben Sie da gemacht?
MK:
Ne, hatte ich nicht. Ich habe mir ja erlaubt, ein Studium nach sechs Semestern abzubrechen und bin dann ziemlich gerade und konzentriert in die Arbeit eingestiegen.
PV:
Was gibt bei Ihrer Arbeit den Ausschlag? Die Ästhetik oder die Verantwortung?
MK:
Ich bin absoluter Perfektionist. Ästhetik ist das Allerwichtigste. Und jetzt mit der Verantwortung weiß ich nicht, was Sie meinen, für die Mitarbeiter oder für das Projekt?
PV:
Als Unternehmer für die Mitarbeiter und für die Kunden und natürlich für die Gesellschaft ja auch.
MK:
Ja, da würde ich eher sagen die Ästhetik. Ich erschaffe ja nichts, was ad hoc im Stadtraum steht, sondern ich erschaffe ja nur etwas, was drei Jahre Bauzeit braucht und viele Köpfe beschäftigt und da ist es mir schon sehr wichtig, dass es mir gelingt eine breite Basis der Akzeptanz zu erreichen. Jetzt werde ich mal richtig schön überheblich: hätte ich mich um das Projekt Stuttgart 21 gekümmert, wäre kein einziger Wasserwerfer aus der Tür rausgefahren und die Regierung noch im Amt.
PV:
Und wieso?
MK:
Intuition, Fleiß, Glaube an die Sache und dann der Wille es auch zu machen.
Kommunikation. Mit Stuttgart 21 hat man Folgendes gemacht, ganz klassische deutsche Architektensicht. Ein großer deutscher Architekt, der super ist, Ingenhoven, hat diesen Bahnhof unterirdisch entworfen. Weil das horrend teuer ist hat man viel Werbung dafür gemacht, indem man gezeigt hat, wie ein ICE in diesen Bahnhof einfährt, modernste Technik. Ich hätte ein Bild geschaffen, das ist der Bahnhof heute, Gleise, jetzt geht die Erde auf, alles geht nach unten, Erde geht wieder zu, 140.000 qm freie Fläche, da können in einer Stadt, die in einem Kessel liegt, die sich nicht erweitern kann, plötzlich 120.000 qm Parkraum, Ansiedlung von Büros, Arbeitsplätze, neue Firmen, Grünanlagen und ein neues Gefühl von Freiheit entstehen. Ganz was Neues für Stuttgart, ganz was Neues für Europa und dann hätte ich gerne mal gesehen wer dagegen gewesen wäre. Der wäre ja kein Stuttgarter, der wäre ja irre. Das hat man versäumt, man hat stattdessen gesagt wir bauen mit bester Ingenieurkunst, mit deutscher Wertarbeit und was ist das schlimmste Geräusch am Bahnhof, das eines einfahrenden ICE.
PV:
Wenn Sie sich mit zwei Wörtern beschreiben müssten, welche Begriffe würden Sie benutzen?
MK:
Kreativ muss ich sagen, weil das ja jeder sagt und deswegen habe ich auch meinen Haarschnitt so gewählt und ich bin strebsam, so würde ich es mal nennen. Fleißig.
PV:
Bei all den Visualisierungen, die Sie machen, ist das Ergebnis nicht häufig eine Enttäuschung?
MK:
Ich zeige Ihnen mal den Film von diesem Haus, wenn Sie ihn nicht kennen. Das war ja ein Haus, das der AXA gehörte, ein Versicherungsgebäude. Hier sind Visualisierung und Realisierung deckungsgleich. Heute gibt es keine großen Unterschiede mehr, unsere Visualisierungen sind schon sehr real. Das ist von allen Seiten einfach gute Arbeit.
PV:
Vielen Dank für das Gespräch Herr Kömmerling.
 
​​​ 
https://cadman.de/de

 



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