Lorenz Amend
Unternehmer, Gründer des Streetwear-Labels LFDY
Lorenz Amend ist der geborene Unternehmer. Seine Leidenschaft ist das Vermitteln von Visionen, wohin sich Branding und Unternehmen entwickeln sollen.
PV:
Gilt der Name Deines Labels – live fast die young - auch für Dich?
LA:
Ich bin mit Leidenschaft Unternehmer, das ist meine Stärke.”
Sinnbildlich ja, und zwar dafür, dass man Chancen nutzen und nicht zu viel nachdenken sollte. Lieber beruflich Vollgas geben und das Leben, auch privat, in vollen Zügen genießen. Den zweiten Teil des Labels meinen wir eher weniger, wir beziehen uns immer mehr auf die ersten zwei Wörter.PV:
Woran machst Du das fest?
LA:
Daran, dass wir immer volle Kraft voraus leben.
PV:
Was war Dein erstes Fortbewegungsmittel, ein Fahrrad oder ein Skateboard?
LA:
Mein erstes richtiges Fortbewegungsmittel war ein Bobbycar. Ein originales, orangenes Bobbycar.
PV:
Und wie warst Du mit 15?
LA:
Da hatte ich eine Zahnspange, war schüchtern, introvertiert, hatte so meine 2, 3 Freunde und war nicht der Geselligste.
PV:
Woran lag das?
LA:
Vielleicht an der Zahnspange.
PV:
Du entwirfst und verkaufst Streetwear. Warum ausgerechnet die?
LA:
Es geht darum ein Unternehmen aufzubauen und was zu hinterlassen.”
Als ich von der Schule kam, habe ich Wirtschaftswissenschaften studiert und wollte in die Wirtschaft und dort erfolgreich sein. Was genau oder in welcher Position, das war mir nicht klar. Parallel dazu bin ich meiner Leidenschaft gefolgt, T-Shirts mit eigenen Ideen zu bedrucken. Die haben sich sehr gut verkauft und ab da habe ich meine Zukunft eher im gestalterischen bereich gesehen als in dem des klassischen Dienstleisters. Ich komme gestalterisch vom Grafitti und Hip Hop und da ist nun mal die Streetwear zuhause und so kam eins zum anderen.PV:
Warst du auch im Hip-Hop aktiv?
LA:
Im Prinzip ja. Hip-Hop unterteilt man ja in die vier Elemente DJ, Rappen, Graffiti und Skateboarden. In jüngeren Jahren haben wir gerappt und bis ich 30 war auch noch Graffiti gemacht, illegal natürlich. Man sieht das hier im Laden noch ein bisschen und wir setzen das in der Streetwear um. Welche Schriften, welche Konturen, welche Farbkombinationen sind typisch.
PV:
Heute bist Du Unternehmer und Designer. Wo steckt Deine Leidenschaft?
LA:
Ich würde mich niemals selbst als Designer bezeichnen. Ich bin mit Leidenschaft Unternehmer, das ist meine Stärke. Mittlerweile sind wir 25 Leute, Leute mit Mode- oder Marketing-Background. Meine Aufgabe ist es Visionen zu vermitteln, wie und wohin sich das Unternehmen und das Branding entwickeln sollen.
PV:
Hast Du schon eine Idee, was Du in 10 Jahren machst, wenn Du nicht mehr zur Zielgruppe gehörst?
LA:
Ich komme gestalterisch vom Grafitti und Hip Hop und da ist nun mal die Streetwear zuhause.”
Das ist eine gute Frage. Ich bin vor einem Jahr Vater geworden und unsere Zielgruppe wird immer jünger. Für mich steht fest, dass ich weiterhin meiner Leidenschaft nachgehen werde. Ob das dann immer noch Mode ist oder was anderes, das sei mal dahin gestellt. Ich glaube, dass man als Unternehmer mit dem Unternehmen wachsen kann und dass man mit dem Alter Erfahrungen und Skills einbringen kann, die jungen Leuten fehlen. Ob man dafür dann unbedingt den Kontakt zu den ganz, ganz jungen Leuten braucht ist fraglich. Ich glaube eine Wertevermittlung ist da viel wichtiger und deshalb kann ich das auch noch in 10 Jahren machen.PV:
Du hast mal gesagt, Du holst Dir in der ganzen Welt Inspiration. Welche Nation hat Dich am meisten beeindruckt?
LA:
Es ist wichtig aus seinem Alltag rauszukommen und auf Reisen zu gehen.”
Die USA. Also die ganze Welt brauche ich nicht, aber es ist wichtig aus seinem Alltag rauszukommen und auf Reisen zu gehen. Das kann Amsterdam sein oder Los Angeles. Ich brauche das Gefühl frei und empfänglich für Neues sein zu können, für Sachen, die stilistisch interessant sind. Ob das jetzt ein T-Shirt ist oder eine Lampe. Dabei haben mich die USA und besonders Los Angeles am meisten geprägt. Diese Stadt hat mich überrascht, weil ich sie mir ganz anders vorgestellt hatte. Sie hat so viele verschiedene Facetten und dieser Lifestyle, das lockere california living hat sich auch darin ausgedrückt, wie sich die Leute anziehen. Das hat auch die Klamotten, die wir danach rausgebracht haben, geprägt.PV:
Im Alltag: Für was nimmst Du Dir Zeit?
LA:
Für einen Espresso. Es ist wirklich so, das ist ein Ritual. Ich sag immer, wenn mich jemand, wie in einem Mafiafilm umbringen wollte, weiß er genau er trifft mich um 8:30 Uhr im Café, wenn ich meinen Espresso trinke. Das ist mein Start in den Tag, zum sammeln, Gedanken ordnen, Nachrichten checken, den Tag strukturieren. Das hilft mir und deshalb nehme ich mir morgens die Zeit für einen Espresso.
PV:
Gibt es einen Künstler oder einen Film, den Du Dir immer wieder anschauen könntest?
LA:
Ja, so was mache ich gerne. „The Place Beyond the Pines“ ist ein Film, den ich mir immer wieder angucke, mit Ryan Gosling, weil der inhaltlich sehr interessant ist. Einerseits ist dieser Film ein komplexes Beziehungsdrama, das umso realistischer rüberkommt, da die beiden im wirklichen Leben auch ein Paar sind und andererseits ist der Klamottenstil so klasse, dass ich ihn mir immer wieder anschauen kann. Das ist schön fürs Auge und der Typ ist einfach eine coole Sau. Man erkennt aber auch, wie schnell so ein Film eine ganze Generation klamottentechnisch beeinflussen kann.
PV:
Was ist Dein aktueller Favorit im Kleiderschrank?
LA:
Ein weißes T-Shirt. Ein schönes abgeranztes, aber sauberes weißes T-Shirt, was einen guten Fit hat. Das ist mein Look und wird es auch bleiben. Ein weißes T-Shirt passt zu allem und ist der Grundstein von allem.
PV:
Was war bis heute Deine beste Anschaffung?
LA:
Meine beste Anschaffung bis heute war mein Notizbuch, weil das einen ähnlichen Wert hat wie der Espresso als Start in den Tag. Ich brauche das Notizbuch zum aufschreiben und nachsehen. Das Digitale ist nicht meins, aber mein Notizbuch ist quasi die Basis für die ganze Firma. Ich schreibe jeden Gedankenfitzel auf, damit ich ihn aus dem Kopf habe. Später kann ich dann erkennen, was daraus alles entstanden ist. Da stecken also viele Ideen und viel Bauchgefühl drin.
PV:
Wen fragst Du um Rat, wenn Du mal einen brauchst?
LA:
Ich frage immer viele unterschiedliche Leute. Wenn ich Bestätigung brauche dann frage ich die, von denen ich die Antwort schon kenne. Aber manchmal frage ich auch Leute, weil ich es wichtig finde, nicht im Alleingang Entscheidungen zu treffen. Wir machen das oft im großen Kollektiv. Außerdem achte ich darauf von wem welcher Rat kommt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass häufig richtig gute Ratschläge dabei sind und die können von jedem kommen, von einem kleinen Kind, vom Opa, egal.
PV:
Was würdest Du heute 18-jährigen raten?
LA:
Ein weißes T-Shirt passt zu allem und ist der Grundstein von allem.”
Ich würde 18-jährigen raten, sich nicht zu sehr von äußeren Eindrücken leiten zu lassen. Das hört sich wie ein platter Spruch an, aber ich bekomme so viele Nachrichten von jungen Kids, die sich nur danach richten was man ihnen auf Instagram vorlebt und das vermittelt natürlich falsche Werte. Ich werde immer gefragt, wie man es macht ein Modelabel zu starten und dass sie bereit sind dafür alles aufzugeben. Die Antwort ist immer: wir haben viel richtig gemacht, aber wir hatten auch Glück. Es gibt kein Rezept für Erfolg und etwas einfach zu wiederholen oder zu kopieren ist schwierig. Auch deshalb, weil dieses Geschäft so schnelllebig ist. Ich rate jungen Leuten deshalb, sich nicht zu schnell von dem visuellen, äußerlichen, Social Media Lifestyle verleiten zu lassen, sondern auch andere Einflüsse, traditionelle, familiäre in ihr 18-jähriges Leben mit einfließen zu lassen.PV:
Was muss man mitbringen, um Unternehmer sein zu können?
LA:
Ich glaube, dass man als Unternehmer geboren wird, weil die Dinge, die einen Unternehmer ausmachen oder ihn als solchen qualifizieren nicht irgendwo gelernt werden können. Das ist Charaktersache. Ich habe viel von meinem Vater mitbekommen. Er war auch selbstständig.
PV:
Gehört es zu einem Unternehmer Vorstellungen von der Zukunft zu haben?
LA:
Ja klar. Wir sind ja noch ein kleines Unternehmen, aber ich merke, dass es auch in größeren Unternehmen immer wichtiger wird nicht mehr über den Preis zu verkaufen, sondern über ein Image, ein Branding, einen Lifestyle. Es gilt wieder Werte zu vermitteln und ich glaube, dass ich das kann. Auch weil ich dem Label authentisch gegenüber stehe. Das merken die Mitarbeiter und der Markt.
PV:
Für welche Werte steht ihr?
LA:
Also für uns sind halt die Werte wichtig wie Selbständigkeit, Spontanität, den Moment leben und genießen.
PV:
Also selbstbestimmt leben?
LA:
Ja genau. Vielleicht kann ich das ja im Nachgang noch besser nennen. Wir haben das mal so formuliert. Das hat sich jetzt nicht so rund angehört.
PV:
Bei der Recherche über Dich habe ich auch immer wieder gelesen, das E-Commerce-Wunder von Düsseldorf, hattest du dieses Omni-Channeling schon immer im Sinn?
LA:
Ich rate jungen Leuten, sich nicht zu schnell von dem visuellen, äußerlichen, Social Media Lifestyle verleiten zu lassen.”
Nein, das kam total zufällig. Also ich bin von meinem Typ her eher jemand, der eine Affinität zum Retail hat, ich mag es einen schöne Läden zu haben. Online kaufe ich selbst so gut wie nichts. Es kam aber damals so, dass wir auch einen Onlineshop gemacht haben. Schon immer haben wir unsere Instagram-Fotos im Store gemacht. Wenn ein Star oder wenn ein Fußballer kam, haben wir den mit den Tüten hier fotografiert und das online hochgeladen. Vielen Unternehmen fällt es ja schwer Online und Retail miteinander zu kombinieren. Wir wissen einfach aus Erfahrung wie wichtig der Retail für das Onlinegeschäft ist und umgekehrt. Es geht um die Information, wie sich ein Unternehmen entwickelt, oh, die machen wieder den nächsten Laden auf, scheint ja zu laufen, ist immer noch cool, kaufe ich. Diese Kombination war für uns einfach, weil wir sie vom Start her hatten. Für die jungen Kunden ist es wichtig, dass wir omnipräsent sind und das auch cool rüberbringen können.PV:
Welche Deiner eigenen Eigenschaft macht Dir das Leben schwer?
LA:
Dass ich zu viel an das Geschäft denke. Nicht abschalten zu können macht mir manchmal das Leben schwer. Es gibt halt viele Dinge die im Hintergrund laufen, die eben auch zeit fressen und um die ich mich oft erst spät abends kümmern kann.
PV:
Du hast eine Familie, ein Kind, willst Du Deinem Kind etwas hinterlassen?
LA:
Ja. Ich möchte meinem Sohn etwas hinterlassen, aber nicht nur Materielles, er soll auch lernen mit Verantwortung umzugehen, das ist mir sehr wichtig. Wer früh lernt eigenständig zu arbeiten lernt auch früh Verantwortung zu übernehmen. Das kann leicht oder auch schwer sein, aber das ist etwas, was ich gerne vermitteln möchte.
PV:
Wohin geht’s von hier aus?
LA:
Online kaufe ich selbst so gut wie nichts.”
Das ist eine sehr gute Frage. Hätte mir damals jemand gesagt, als ich noch T-Shirts bedruckt habe, dass wir 2019 mal darüber nachdenken werden in Berlin einen weiteren Store aufzumachen und dann noch einen im Ausland, dann hätte ich mir das nicht träumen lassen. Wenn ich vielleicht in fünf Jahren wieder zurückgucke werde ich womöglich sagen, boah krass, weißt du noch wie wir in Berlin den Store aufgemacht haben und jetzt. Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass es immer wieder neue Visionen geben wird, egal ob die Realität werden oder nicht. Misserfolge gehören zum Geschäft, damit muss man leben können. Zu gucken was möglich wäre, zu spinnen, wo wir in fünf oder 10 Jahren sein wollen, das macht Freude. Für mich liegt der Spaß im Gas geben und im Abfeiern des Erreichten. Letzte Woche war ich bei dem Chef von Snipes, einer Sneaker Marke, in die Deichmann vor Jahren eingestiegen ist und die heute mega groß sind. Ich glaube, die machen dieses Jahr eine Milliarde Umsatz, sind in zehn Ländern vertreten und starten jetzt auf dem U.S.-Markt durch. Dieser Sven Voth, ein cooler Typ den ich richtig gerne mag, sitzt in einem kleinen Büro und nimmt sich für jeden Zeit. Man muss zwar zwei Monate vorher einen Termin machen, aber er ist total nett und hat folgendes gesagt: „Ich habe in meinem Unternehmen noch nie eine Gewinnausschüttung gemacht.“ Der war so stolz drauf praktisch alles für die Firma gegeben zu haben, sein ganzes Leben lang. Dabei könnte er bestimmt schon längst aufgehört haben zu arbeiten.PV:
Der hat immer alles re- investiert?
LA:
Ja genau, der hat immer alles re-investiert und das hat mich total inspiriert, denn eigentlich geht es ja um was ganz anderes als um irgendwelche Zahlen, es geht darum ein Unternehmen aufzubauen und was zu hinterlassen. Es geht darum irgendwann dastehen und sagen zu können, hat geklappt oder hat nicht geklappt. Aber selbst wenn es nicht geklappt hat, hat man was zu erzählen.
PV:
Lorenz, vielen Dank für das Gespräch.
Gerne, hat Spaß gemacht, war'n auch mal andere Fragen.
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