Christoph Wallrafen

Identitätsentwickler

Christoph Wallrafen ist Identitätsentwickler und sagt: Wenn Du Dich erkennst, weißt Du, dass Du Flügel hast. Er hat sich erkannt und sein leidenschaftlicher Flügelschlag hat ihn in neue Höhen steigen lassen.

PV:
​​Was war der Ausgangspunkt für dein Tun?
CW:
​​
Ich habe es noch keine Sekunde bereut.
Verschiedene, unvorhersehbare Irrtümer in meinem Leben. Also darüber, wer ich selber bin und was ich so auf dieser Welt möchte. Ich habe angefangen mit großen Karriereplänen in großen Konzernen und dann war ich in kleinen Unternehmen und habe die mit aufgebaut. Sehr erfolgreich. Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass das was ich selber kann und am liebsten mache, ich viel besser mache, wenn ich alleine arbeite. Und da hat mir, wie soll ich sagen, das Schicksal halt immer ganz gut in die Hände gespielt, dass ich im richtigen Moment springen musste. Als ich vor dreieinhalb Jahren neu angefangen habe war das wieder so und ich habe es noch keine Sekunde bereut.
PV:
​​​Was machst du denn am liebsten?
CW:
​​Am liebsten locke ich das Potenzial aus Menschen und Gruppen von Menschen heraus – das sind oft auch Unternehmen.
PV:
​Du machst Identitätsberatung, kann sich ein Mensch wirklich neu erfinden?
CW:
​Das glaube ich schon. Ich glaube sogar, dass man sich theoretisch sehr, sehr oft neu erfinden kann. Die Frage ist eher, habe ich die Lust oder den Druck, mich zu verändern. Eines von beiden kann mich dazu bringen.
PV:
​Wenn das so ist, warum verändert sich die Gesellschaft so langsam?
CW:
Ich glaube, das liegt daran, dass viele Menschen erst einmal versuchen, den gesellschaftlichen Klischees gerecht zu werden, die sie so aus ihrer Kindheit, ihrer Sozialisierungsheimat mitgebracht haben und von denen sie denken, so müsste ich ungefähr sein, damit ich in diesem Leben funktioniere. Wenn sie dann alle das erreicht haben, von dem sie dachten, dass sie es erreichen müssen, ein Haus bauen, eine Familie gründen und viel Geld aufs Konto schaffen, dann entsteht plötzlich eine gähnende Leere und die Lebenskrise ist da. Es tut sich ein Abgrund auf und sie wissen nicht mehr, wofür das bisherige einmal gut war. Das ist der Moment, wo die meisten sich als Mensch wiederentdecken und erkennen, dass sie vorher eher nur Muster bedient haben.
PV:
​​Das heißt, da ist ein halbes Leben schon einmal rum, bevor überhaupt eine Bewegung entstehen kann?
CW:
​​Ja, manchmal. Wenn das unfreiwillig ist. Es gibt natürlich auch Menschen, die deutlich jünger sind und die einfach früh erkannt haben, dass sie sich nicht in diesen Bahnen bewegen wollen. Aus welchen Gründen auch immer. Unternehmer sind deswegen meine Lieblingsklientel, weil die per se schon einen Antrieb haben, Dinge anders zu machen oder selber zu gestalten und da sind die richtigen Wurzeln schon da, um große Bäume wachsen zu lassen.
PV:
​​​Was sind die Identitätsfelder, wo sich wirklich etwas verändern lässt?
CW:
​​
Am liebsten locke ich das Potenzial aus Menschen und Gruppen von Menschen heraus.
​Meine Arbeit basiert ja nicht darauf, aus den Menschen, die mir begegnen, andere Menschen zu machen, sondern herauszufinden, welches Potenzial sie in sich tragen und wer sie sein könnten und zu schauen, welche Sehnsüchte vielleicht da sind, die gar nicht ausgelebt werden. Ich versuche den Menschen dabei zu dienen, die Identität im Leben anzunehmen, die ihr Herz am meisten erfüllen könnte. Und wenn das auch nebenbei das Konto füllt und andere Dinge gut macht, dann ist das schön. Ich bin mehr so das Werkzeug dafür als derjenige, der jemanden berät, eine Identität anzunehmen. Deswegen nenne ich das auch Identitätsentwicklung. Weil ich eher versuche, den Menschen zu helfen, sich dahin zu entwickeln, wo sie sein könnten.
PV:
​Bist du ein Medium?
CW:
​​Tja, vielleicht. Also das ist schwer zu beurteilen, wenn man das über sich selber sagen soll. Also ich kann mich halt selbst genauso wenig gut sehen, wie andere sich gut sehen können. Bin da angewiesen auf das, was mir andere sagen über mich oder was ich spüren kann.
PV:
​Aber was ist deine Kernkompetenz?
CW:
​Ich kann Menschen relativ tief in ihre Seele blicken und sehen was in ihnen steckt.
PV:
​​Ist das ist ein Geschenk der Natur?
CW:
​Also ja, wenn man es so betrachtet schon. Es ist geboren worden, als ich noch ein sehr kleiner Junge war. Meine Mutter ist sehr früh gestorben. Da war ich erst zweieinhalb und habe miterlebt wie sie gestorben ist. Die Menschen um mich herum waren halt alle darum bemüht mich aufzumuntern und ich habe sehr schnell zu unterscheiden gelernt, wann einer fröhlich ist und wann einer nur fröhlich tut. Das hat dazu geführt, dass ich angefangen habe, mich für die Menschen zu interessieren, die hinter diesen Masken sind. Und das hat mich mein Leben begleitet.
PV:
Du nimmst also das Phänomen wahr, wenn du draußen in der Gesellschaft bist, dass Menschen Masken tragen?
CW:
​Ja, natürlich trage ich auch eine. In diesem Gespräch bemühe ich mich keine zu tragen.
PV:
​​​Bist du nie an den Menschen verzweifelt?
CW:
​Eigentlich nicht. Wenn jemand vorgibt, etwas entwickeln zu wollen und es dann nicht tut und mir sozusagen den schwarzen Peter seiner körperlichen und seelischen Pein aufzuerlegen versucht, dann verzweifele ich mehr daran, dass ich es vorher nicht gesehen habe, dass das so jemand ist. Deswegen gucke ich mir meine Klienten sehr genau an und entscheide mich immer wieder neu, ob ich für ein Unternehmen oder einen Menschen tätig werden will.
PV:
​Bist du ein Menschenfreund?
CW:
​Ja. Die Liebe zu den Menschen ist im Wesentlichen das, was mich an dieser Arbeit mit Feuer erfüllt.
PV:
​​Wir haben in unserer Arbeit festgestellt, dass Menschen sehr oft Angst vor Veränderungen haben. Hast du eine Erklärung dafür?
CW:
Sie nehmen nicht wahr was sie denken.
Ja natürlich, das ist Mutter Natur. Ich meine, als wir noch archaisch lebten, da war jede Veränderung eine Bedrohung des Überlebens. Wetter ändert sich. Stamm überlebt nicht. Krieger kommen nicht zurück aus der Schlacht. Stamm überlebt nicht. Alles was sich änderte, bedeutete irgendwie Gefahr und von daher geht es eigentlich mehr darum, mit diesen Angstimpulsen, die wir dann haben, gut umzugehen. Nicht alles zu glauben, was wir denken und der Angst eben mutig ins Auge zu blicken, anstatt ihr die Macht zu geben uns zu lähmen. Die meisten Menschen haben ja heute vor Sachen Angst, die völlig sinnlos sind. Wir haben Angst vor Terrorismus, obwohl mehr Leute im Straßenverkehr sterben. Haben wir jetzt Angst vor dem Autofahren? Nein! Angst gehört halt zu unserer Natur und die Angst vor Veränderungen auch. Die Frage ist immer, wie gehe ich damit um?
PV:
​​Was war denn die wichtigste Lektion, die du in deinem Leben gelernt hast?
CW:
​Dass Gras nicht schneller wächst, wenn ich dran ziehe.
PV:
​Heißt übersetzt?
CW:
Meine Ungeduld zu zügeln. Also wenn ich auf ein Unternehmen stoße und ich sehe, wo sich das Unternehmen auf den Füßen steht, wo quasi sinnlos Energie und viel Zeit verschwendet werden, dann muss ich meine Ungeduld zügeln, diese Dinge nicht sofort alle anzusprechen. Genauso ist es bei einem Menschen, der mir begegnet. Wenn ich sehe, wo sein Potenzial ist und ich ihn in Gänze damit konfrontieren würde, könnte das eine Maximalüberforderung für mein Gegenüber sein. Deswegen ist Geduld zu lernen wichtig, denn das es mit dem „Ich will! Ich will!“ geht nicht.
PV:
​​Was ist die wichtigste Erkenntnis, die du gewonnen hast im Laufe deines Lebens?
CW:
​Die wichtigste Erkenntnis habe ich durch das japanische Bogenschießen gewonnen: Versuche alles mit den Augen eines neugierigen Kindes zu betrachten. Damit ist viel mehr Zauber zu entdecken als wenn ich glaube, ich wüsste jetzt schon wie alles geht. Das heißt, ich habe auch kein Methodenwerkzeugkasten, den ich immer gleich anwende, sondern versuche wirklich jede Situation so zu sehen wie sie ist und zu gucken, was mir meine Intuition sagt, was jetzt gebraucht wird.
PV:
​​Bist du dadurch leicht zu beeindrucken?
CW:
Ich würde behaupten, es ist sehr schwer, mich zu belügen.
​Ich würde behaupten, es ist sehr schwer, mich zu belügen. Wenn z.B. jemand ein Beeindruckungsprogramm vor sich herträgt, dann zeigt er mir dadurch, dass er gerade etwas verstecken möchte und mich interessiert vielmehr, was er nicht zeigen möchte als das, wodurch er mich gerade zu beeindrucken versucht.
PV:
​​​Das heißt, du stößt auch auf Widerstände, denn diese Beeindruckungs-programme sind ja in der Regel gezielt und über einen langen Zeitraum erprobt worden.
CW:
​​​Ich bin ein liebevoller Provokateur, würde ich mal sagen. Ich schaffe es dann meistens, den Leuten diese Fassaden wegzureißen und kann auch hart sein, wenn es sein muss. Aber ich versuche es zu vermeiden. Ich versuche es mit Humor, Provokation, Liebe und Mitgefühl. Damit bin ich am besten gefahren. Natürlich gibt es Dinge, die mich beeindrucken. Mir sind Menschen begegnet, auch meine Lehrer, die mir vieles beigebracht haben. Die konnten mich natürlich am Anfang immer erst einmal beeindrucken. Heute beeindrucken mich eher die vielen kleinen Geheimnisse von Mutter Natur. Wenn ich sehe, wie zwei Krähen einen Bussard aus ihrem Revier verdrängen. Das finde ich beeindruckend.
PV:
​Gibt es eine Erkenntnis, die du gewonnen hast und die du gerne auch all deinen Klienten wünscht?
CW:
​​​Ja, dass nur wenn wir ein tiefes Selbstvertrauen entwickeln, uns die ganze Welt dabei hilft weiterkommen. Und wenn wir an uns zweifeln und nicht an uns glauben, dann wird vieles deshalb nicht gelingen, weil wir quasi automatisch den Misserfolg anziehen, den wir befürchtet haben.
PV:
​Wie kommt man denn zu Selbstvertrauen, wenn man keins hat?
CW:
​Ja, das sind viele kleine Lernschritte und Erfahrungen. Jemand, der per se kein gutes Selbstvertrauen hat, braucht Erfahrungsräume, in denen er das lernt. Welche es auch immer das sind, kleine Übungen, die er sich vielleicht am Anfang gar nicht zutraut, die er dann mal machen muss.
PV:
​​Zum Beispiel?
CW:
​Nehmen wir mal eine Führungskraft, die sich selbst für nicht gut hält und immer versucht, die Mitarbeiter durch ein falsches Programm zu beeindrucken. Wenn so ein Mensch lernt, sich gegenüber den eigenen Mitarbeitern verletzbar zu zeigen und als Fehler machenden lernenden Menschen und das experimentell ausprobiert und plötzlich merkt, dass die Mitarbeiter ganz anders mit ihm umgehen und ihn oder sie viel ernster nehmen, dann wächst das Selbstvertrauen, dass man als Mensch okay ist.
PV:
​​​Übst du solche Verhaltensweisen mit deinen Klienten?
CW:
​​Trainings mache ich nicht. Ich versuche den Menschen eine Aufgabe zu stellen und sie dazu zu bringen, sie auf ihre Weise zu lösen und selbst wenn dies nicht gelingt, ist das Sprechen über die gemachte Erfahrung wichtig. Es sei denn er sagt, lass uns mal mit meinen Führungskräften zusammenarbeiten, dann kann ich sehen, ob er das Gelernte anwenden kann.
PV:
​​Hast du das Gefühl, dass die meisten Menschen gut denken können?
CW:
​Ne, die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie nicht ihr denkender Verstand sind. Das ist ja das Kernproblem. Die Menschen identifizieren sich mit einer Egostruktur, die sie gar nicht sind und insofern geht es erstmal darum, den Verstand ein wenig zu entmachten ohne ihn zu verteufeln und ihnen beizubringen, dass Denken ein Werkzeug ist, aber nicht ihr ganzer Geist und erst wenn sie lernen, dass sie sich beim Denken wirklich beobachten können und dass sie nicht alle Gedanken ernst nehmen müssen, die sie haben, können sie so was entwickeln, was sich Meisterschaft im Denken nennt, nämlich, wenn es gelingt nur noch das zu denken was man denken möchte oder auch nur die Gedanken für wahr zu nehmen, die auch wirklich wahr sind. Die wo man Wahrhaftigkeit spürt in sich selber und das ist schwer, aber es ist lernbar.
PV:
Das heißt viele denken übernommenes Denken?
CW:
Die meisten Menschen wissen gar nicht, dass sie nicht ihr denkender Verstand sind.
Ja, viele denken unbewusst. Sie nehmen nicht wahr was sie denken und stellen das auf den Prüfstand, sondern glauben ihrem plappernden Verstand, dass das die Wahrheit ist und reden sich auch oft irgendwelchen Kram ein, das kann übernommenes Denken sein in Form von Glaubenssätzen, die sie von irgendwo her mitgeschleppt haben, egal ob aus der Familie oder irgendwelchen Erfahrungsräumen, es kann aber genauso gut sein, dass es durch Erfahrungen eigene Denkmuster geworden sind. Das spielt schon oft eine Rolle, die Denkschleifen der Menschen zu zerschmettern und sie dazu zu bringen mal neu zu denken. Dafür ist dieser Anfängergeist eben sehr wichtig, wenn wir mit Kinderaugen etwas betrachten, dann denken wir das nicht alles kurz und klein und urteilen, sondern wir nehmen wahr ohne zu urteilen. Und dieses Gewahrsein ist halt Übungssache, das kann man lernen.
PV:
​Haben wir das verlernt?
CW:
​​Das ist sehr lustig, dass du das sagst. Ich sag das ganz oft zu meinen Kunden und Klienten, dass jetzt der Prozess des eigentlichen Erwachsenwerdens beginnt. Nämlich herauszuwachsen aus Denkmustern, die sie bis dahin vielleicht glaubten, die aber auch oft ihre Krisen begründet haben.
PV:
​​​Erlebst du denn häufiger, dass Menschen denken sie wären richtig und die Welt ist falsch?
CW:
​​Nein das geschieht mir nicht so häufig, eher habe ich das Gefühl, dass die Leute, wenn sie schon zu mir kommen, schon angefangen haben an ihrem Denken zu zweifeln. Dass jemand denkt, er ist richtig und die Welt ist falsch, passiert mir eher bei Menschen mit Hochsensibilitäts- und Hochsensitivitäts-begabungen. Denen fehlt einfach dieses Geborgenheitsgefühl in der Welt, weil ihre Empfindsamkeit sie ständig aus dem System schießt und sie müssen eher lernen, ihre Antennen in den richtigen Momenten rein und raus zu fahren, als die Welt jetzt per se als falsch zu sehen.
PV:
​​Jetzt hast du ja gesagt, dass es für dich die beste Entscheidung deines Lebens war, dich selbstständig zu machen und mit Menschen zu arbeiten. Würdest du das heute noch jemandem empfehlen, der sagt, so etwas will ich auch machen?
CW:
​​​
Ich habe gute Antworten bekommen, wenn ich gute Fragen gestellt habe.
Ja. Rein ökonomisch betrachtet gibt’s da halt einen riesigen Unterschied im Markt. Es gibt einige wenige, die sehr gutes Geld verdienen und auch oftmals sehr gute Arbeit machen und viele, die im Bereich der Austauschbarkeit sind. Ich würde das nur Menschen raten, die darin so eine tiefe Berufung fühlen, dass sie bereit sind, dafür auch Außergewöhnliches zu machen, auch den Mut zu haben eine Positionierung einzunehmen, die kein anderer hat und sich nicht wie 99,9 Prozent Coaching und Consulting auf die Karte zu schreiben.
PV:
​​​​​Was macht denn einen guten Coach aus?
CW:
​​​Einen guten Coach macht aus, dass er mit Leib und Seele dabei ist und bereit ist jeden Tag zu lernen und zwar von jedem Menschen, der ihm begegnet. Einen guten Coach macht auch aus, dass er nicht ideologisch dogmatisch ist, sondern dass er seine eigene persönliche Essenz in seine Arbeit einbringt und die ist schulfrei.
PV:
​​​​​Du hast Begriffe genannt eben wie Menschenfreund, Liebe, Selbstvertrauen, Dienen, bist du religiös?
CW:
​​​​​​Nein, religiös würde ich nicht sagen. Aber ich habe eine gute Beziehung zu Gott und mein Gottesbild war ursprünglich mal von der katholischen Kirche geprägt. Aber ich habe mir aus Buddhismus und Shintoismus die Essenzen rausgepickt, die mich ansprechen und berühren. Ich habe zum Beispiel einen Freund der ist Zisterzienserpater und der sagt zu mir immer, du redest ja mit Gott wie Don Camillo und dann sage ich, ja, wie soll ich denn sonst mit ihm reden? Glaubst du, der braucht irgendwie ehrfürchtige Ansprachen und Kniefall? Nein, glaube ich nicht, mein Gott braucht das nicht. Ich habe eine gute Beziehung und ich stelle auch viele Fragen und ob die Antwort jetzt aus meiner Seele kommt, aus dem Universum, aus Gott, aus was auch immer, dass ist mir eigentlich total egal. Ich habe gute Antworten bekommen, wenn ich gute Fragen gestellt habe.
PV:
​​​​​​Jetzt ist in dem Begriff Leidenschaft ja auch das Wort Leiden enthalten, gilt das für dich auch?
CW:
​​​​​​Ja klar, ich habe auch Tage, wo ich abends energetisch ausgelaugt bin und völlig fertig in der Ecke sitze. Einfach, weil mich ein Klient oder ein Thema so sehr angestrengt haben. Meistens sind das dann meine eigenen Themen in den Themen des anderen, die mich sehr angestrengt haben, insofern ist das immer ein schöner Raum, um zu sehen, wo habe ich denn gerade selbst mal wieder Bedarf nach einer Supervision? In meiner Arbeit begegne ich mir natürlich immer wieder selbst mit meinen eigenen Blödsinnigkeiten und das sind dann Momente, wo ich leide, weil ich dachte mit diesem Thema schon durch zu sein. Ich lerne dann, über mich zu lächeln.
PV:
​​​​​Was bist du denn für eine Marke?
CW:
​​​​​​​Das Wort Marke beschreibt ja die Wirkung, die man irgendwo hinterlässt. Ich versuche möglichst viel von mir und meiner Persönlichkeit authentisch sichtbar zu machen. Ich bin natürlich eine klassische Personenmarke und ich glaube, die Attribute, die die Menschen mit mir verbinden sind Inspiration, Ermutigung, Mitgefühl, Humor und Anspruch. Das haben mir zumindest meine Klienten zurückgespiegelt.
PV:
​​​​​​Gibt es Menschen die mit dir überhaupt nicht zurechtkommen?
CW:
​​​​​​​Mit Menschen, die mir vom Persönlichkeitstyp näher sind, also wenn sie emotional, offen, ergebnisorientiert oder auch harmoniebedürftig sind, fällt es mir leicht klar zu kommen. Womit ich mich schwer tue sind Menschen, die nur im Kopf leben und keinen Zugang zu ihrer Gefühlswelt mehr haben. Das sind n für mich die ungleich härteren Nüsse. Die meisten meiner Unternehmerklienten sind schon selber inspirierende Persönlichkeiten, Führungspersönlichkeiten, die auch darauf setzen, dass sie Herzen von anderen anzünden können und nicht so sehr versuchen, die Dinge jetzt aus dem Managementhandbuch zu machen.
PV:
​​​​​​Hast du eine Vorstellung davon wie lange du deinen Beruf ausüben wirst?
CW:
​​​​​​​Ich habe das Bild von mir, dass ich als 90-Jähriger, selbst wenn ich einen Rollator brauche, geistig topfit immer noch diese Arbeit mache und sich die Leute von meinem Feuer weiterhin anzünden lassen.
PV:
​​​​​​Möchtest du mit deiner Arbeit etwas in der Welt erreichen?
CW:
​​​​​​​Ja, auf jeden Fall. Also die Unternehmer, mit denen ich arbeite und auch die Führungskräfte in Unternehmen möchte ich zu guten Anführern machen, die ihre Mitarbeiter mit möglichst viel Menschenliebe dazu bringen, ihre Potenziale zu entfalten, dass heißt, ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen, das was sie von mir lernen anwenden und weitergeben, damit es sich ausbreitet und ja, ich werde jetzt nicht den ganzen Planeten heilen können, aber ich habe schon ein Bild davon, dass die, die zu mir kommen, dann auch nach Jahren sagen können, guck mal hier, das ist draus geworden, das haben wir mit deiner Hilfe hingekriegt.
PV:
​​​​​​Wie kommt der begriff LIEBEVOLL bei deinen Klienten an?
CW:
​​​​​​​Manchmal negativ. Wenn ich mit Menschen aus dem Managementkontext zu tun habe und ich sage, könnt ihr das nicht mal ein wenig liebevoller machen, da denken die sie wären im falschen Film. Wenn der gleiche Satz noch passende betriebswirtschaftliche Vokabeln beinhaltet, dann wird es für sie noch krasser, aber plötzlich ernst zu nehmender. Der liebevolle Umgang mit sich selbst ist ja auch das Erste, was alle erst einmal lernen müssen. Jedenfalls die, die wollen. Liebevoll ist das passende Wort und es gefällt mir gut.
PV:
​Uns auch. Vielen Dank Christoph, für das Gespräch.
www.christophwallrafen.de


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